(Temporäre) Umstellung von Insulinpumpe auf Pen oder Spritze: So gehen Sie im Notfall am besten vor

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Die Insulinpumpentherapie gilt als Königsdisziplin unter den Therapien eines insulinpflichtigen Diabetes. Aber was tun, wenn die Pumpe mal ausfällt? Wenn Pumpenzubehör fehlt? Oder wenn man aus anderen Gründen – z.B. auf Reisen – vorübergehend auf die klassische Therapie mit Insulinpen oder Spritzen umsteigen muss? Auch wenn die Anbieter bei einem Pumpendefekt schnell Ersatz liefern: Diese Zeit muss erstmal überbrückt werden.

Wer nach seiner Diagnose mit Typ-1-Diabetes anfänglich die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT-Therapie) genutzt hat bzw. wer mit Typ-2-Diabetes bereits Erfahrung mit einem Spritzschema hat, kann auf diesen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Aber oft liegt diese Zeit nach vielen Jahren Pumpenpraxis weit zurück. Die anfängliche Schulung, in der man vielleicht mal von der Therapie mit Insulinpen gehört hat, ebenfalls. Und manche Menschen mit Diabetes kennen ausschließlich die Insulinpumpen-Therapie und haben noch nie ihr Insulin selbst injiziert.

Daher haben wir eine Reihe von Tipps zusammengestellt, wie man im Notfall die (temporäre) Umstellung auf ICT umsetzen kann.

Rechnen & spritzen

Im Gegensatz zur Therapie mit der Pumpe benötigt man für eine Therapie mit Pen oder Spritze nicht nur kurzwirksames Bolus-Insulin, sondern auch langwirksames Basal-Insulin.

Und so geht’s:

  • Um sein individuelles Spritzschema zu ermitteln, dient der tägliche Insulingesamtbedarf als Ausgangswert.
  • Diese Insulinmenge muss man nun aufteilen: 50 % des Gesamtbedarfs werden als Basal-Insulin gespritzt. Basal-Insulin-Injektionen erfolgen einmal oder zweimal täglich (z.B. 30 % gegen 10 Uhr und 70 % gegen 22 Uhr), Frequenz und Verteilung am besten mit dem Diabetes-Team abklären und an gut zugänglicher Stelle notieren, wo man im Notfall nachschauen kann.
  • Die anderen 50 % werden als kurzwirksames Bolus-Insulin gespritzt – gemäß der individuellen Kohlenhydratfaktoren. Diese kann man in den Einstellung der Insulinpumpe einsehen.
  • Wenn man diese Faktoren nicht kennt bzw. wenn man nicht darauf zugreifen kann, muss man mit ungefähren Werten arbeiten. Es hat sich bewährt, die Menge des kurzwirksamen Insulins zu den Mahlzeiten im Verhältnis 3:1:2 aufzuteilen.
  • Falls im Notfall kein Basal-Insulin vorhanden ist, kann man auch rein mit Bolus-Insulin überbrücken. Dann wird es aber ein wenig aufwändiger: Denn in diesem Fall muss dessen Gesamtdosis (also 50 % der Gesamtinsulinmenge) über den Tag verteilt werden. Bei guter Blutzuckereinstellung kann man die Gesamtdosis um etwa 20 % reduzieren. Mit Analoginsulin muss man alle drei bis vier Stunden spritzen.

Ein Rechenbeispiel bei 60 Insulineinheiten (IE) Tagesgesamtbedarf:

  1. 30 IE werden als Basal-Insulin gespritzt: 9 IE um 10 Uhr, 21 IE um 22 Uhr
  2. Die übrigen 30 IE werden als Bolus-Insulin zu den Mahlzeiten gespritzt: 15 IE (Frühstück), 5 IE (Mittagessen) und 10 IE (Abendessen).

Generell gilt natürlich: Wenn man von Pumpe auf ein Spritzschema umsteigt, muss man noch akribischer als sonst seinen Blut- oder Gewebezucker kontrollieren, um Über- oder Unterzuckerungen rechtzeitig zu bemerken. Bei Unsicherheiten und Fragen im Rahmen der Umstellung sollte man nicht zögern, seine/n Diabetolog*in zu kontaktieren. Außerdem sollte man alles dafür tun, um möglichst schnell wieder auf die gewohnte Pumpentherapie umsteigen zu können!

Tipps:

  • Um für den Notfall gerüstet zu sein, sollte man seinen Insulingesamtbedarf und seine Kohlenhydratfaktoren kennen. Daher sollte man darauf achten, immer die aktuellen Werte griffbereit zu haben – auch außerhalb des Pumpenspeichers.
  • Außerdem benötigt man für die Benutzung eines Insulinpens, den man immer vorrätig haben sollte, andere Insulinampullen als die großen Durchstechampullen. Folglich gehören beide Ampullenarten in den Kühlschrank!
  • Notfalls kann man auch Einmalspritzen verwenden – die kann man aus jeder Ampulle aufziehen.

 

Quelle: „Zucker im Gepäck – Reisen mit Diabetes“ (2020), Kirchheim Verlag

Text: Susanne Löw, freie Journalistin