Unterzuckerung (Hypoglykämie)

Einer jungen Frau ist schwindelig, verschwommener Hintergrund
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Das Ziel moderner Diabetestherapie ist, den Blutzucker weitgehend innerhalb eines festgelegten Zielkorridors oder Zielbereichs (z.B. 70-180 mg/dl bzw. 3,9-10 mmol/l) zu halten. Die genauen Zielwerte sind dabei von verschiedenen Faktoren (Diabetes-Typ, Diabetes-Dauer, Alter, Therapieform, ...) abhängig und werden daher individuell festgelegt.

Wenn Glukosewerte unter 70 mg/dl bzw. 3,9 mmol/l gemessen werden, spricht man von einer Unterzuckerung oder Hypoglykämie (umgangssprachlich auch „Hypo“).

Eine Unterzuckerung erkennen

Leichte Unterzuckerungen gehören für viele Menschen mit Diabetes zum Alltag. Zu den Symptome von Unterzuckerungen gehören Schwitzen, Zittern, Unruhe oder Gesichtsblässe.

Es kann aus verschiedenen Gründen zu niedrigen Blutzuckerwerten kommen, z.B.

  • zu viel Insulin oder blutzuckersenkende Tabletten
  • ungewohnte körperliche Aktivität (z.B. im Urlaub oder bei einem Umzug)
  • zu wenig Essen
  • übermäßiger Alkoholkonsum

Wenn Menschen mit Diabetes eine leichte Unterzuckerung bemerken, können sie einfach gegensteuern, indem sie etwas Zuckerhaltiges essen oder trinken. Der Körper versucht in solchen Situationen zudem, durch Glukoseausschüttung selbst gegenzuregulieren: Das Hormon Adrenalin mobilisiert dafür Zucker, der in der Leber oder in den Muskeln gespeichert ist. Diese hormonelle Gegenreaktion, und nicht die Hypoglykämie selbst, führt dann zu den bekannten Anzeichen einer Unterzuckerung.

Ob Menschen mit Diabetes in eine Unterzuckerung kommen können, hängt auch von ihrer jeweiligen Therapie ab. So treten Unterzuckerungen bei der Behandlung mit Insulin und Sulfonylharnstoffen häufig auf, bei einer Therapie rein über Lebensstilumstellung oder Metformin hingegen besteht kein Risiko.

Bei welchen Blutzuckerwerten erste Symptome auftreten, wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Nicht zuletzt spielt hier eine Rolle, wie die Blutzuckereinstellung insgesamt ist und wie häufig Hypoglykämien schon in der Vergangenheit aufgetreten sind. Als Richtwert für eine Unterzuckerung gilt ein Blutzucker unter 70 mg/dl bzw. 3,9 mmol/l. Unterhalb eines bestimmten Wertes kann das Messgerät auch „LOW“ anzeigen.

Schwere Unterzuckerungen

Die Symptome von schweren Hypoglykämien können ebenfalls bei unterschiedlichen Glukosewerten auftreten. Als Richtwert für eine schwere Unterzuckerung gilt ein Blutzucker unter 40 mg/dl bzw. 2,2 mmol/l.

Bei schweren Hypoglykämien kann der Zuckermangel im Gehirn zu Konzentrations-, Sprach- oder Sehstörungen, Schwindel, Krämpfen oder sogar Bewusstlosigkeit führen. Schwere Hypoglykämien sind dadurch definiert, dass sich die Betroffenen nicht mehr selbst helfen können, auch wenn sie noch bei Bewusstsein sind. 

Sofort-Maßnahmen bei einer schweren Unterzuckerung

  • Bei Bewusstlosigkeit die Notfall-Hotline 112 verständigen.
  • Ist die Person ansprechbar, geben Sie ihr etwas Zuckerhaltiges zu trinken oder zu essen. Geeignet sind z.B. zuckerhaltige Getränke wie Cola, Limo oder Saft (keine Light- oder Zero-Getränke!). Auch Traubenzucker oder andere zuckerhaltige Lebensmittel wie Honig oder Gummibärchen helfen. Schokolade oder andere Speisen mit hohem Fettanteil sind dagegen weniger gut geeignet, weil sie den Blutzucker relativ langsam ansteigen lassen.
  • Falls eine Glukagon-Spritze oder ein Glukagon-Nasenspray vorhanden ist, können diese Mittel auch bei Bewusstlosigkeit genutzt werden (siehe auch unten). Eine Anleitung zur korrekten Verwendung befindet sich auf dem Beipackzettel und auf der Verpackung. WICHTIG: Wenn die Person das Bewusstsein wiedererlangt, unbedingt schnell wirkende Kohlenhydrate (Limo, Saft, Gummibärchen) zu essen oder trinken geben, sonst droht die Gefahr einer erneuten Unterzuckerung. 
  • Die unterzuckerte Person darf nicht alleine gelassen werden. Helfen Sie ihr in eine sichere und bequeme Position, am besten sitzend oder liegend. Bei Bewusstlosigkeit in die stabile Seitenlage bringen. 
  • Nach 15 Minuten sollte der Blutzucker erneut gemessen werden, um sicherzustellen, dass sich der Glukosehaushalt stabilisiert hat. 

Glukagon und seine Anwendung 

Glukagon ist ein Hormon, welches noch vorhandene Zuckerreserven im Körper freisetzt. Es wird eingesetzt, wenn Menschen mit Diabetes bewusstlos sind und selbst keine Kohlenhydrate mehr aufnehmen können. Glukagon kann wie Insulin ins Unterhautfettgewebe gespritzt werden und wirkt innerhalb von 10 Minuten.

Ein Glukagon-Hypokit besteht in der Regel aus einer flüssigkeitsgefüllten Glasspritze (Lösungsmittel) und einem Fläschchen Glukagon-Pulver, welches als Gemisch verabreicht wird.

  • Zuerst entfernt man die Schutzkappe der Spritze, dann spritz man das Lösungsmittel in die mit Glukagon gefüllte Ampulle.
  • Ohne die Nadel zu entfernen, schüttelt man die Ampulle, bis sich das Pulver vollständig aufgelöst hat.
  • Nun zieht man die ganze Glukagon-Lösung in die Spritze auf.
  • Die Injektion verabreicht man senkrecht in Oberschenkel, Gesäß oder Bauch.
  • Achtung! Kinder unter 25kg erhalten nur die halbe Dosis.

Als Alternative zur klassischen Glukagon-Spritze wird seit einigen Jahren auch ein Glukagon-Nasenpulver mit dem Handelsnamen Baqsimi angeboten. Es wird einfach in die Nase gegeben, so wie ein Schnupfenspray. Der Patient/die Patientin muss nicht dabei einatmen oder sich in einer bestimmten Weise verhalten. Vorsicht, nach Druck auf den Auslöseknopf wird das Nasenpulver komplett entleert. Daher bitte keine Probeabgabe vor der Verabreichung!

Einer Unterzuckerung vorbeugen

Um sich vor einer Unterzuckerung zu schützen, sollten Sie einige wichtige Regeln befolgen. Lernen Sie aus jeder Unterzuckerung, denn die Ursachenforschung ist für die künftige Vermeidung von schweren Hypoglykämien wichtig. Überlegen Sie, wie oder warum es zu einer Unterzuckerung kam und welche Konsequenzen sich evtl. daraus ergeben können. War der Grund z.B. Alkoholkonsum, Sport ohne (hinreichend) zu essen oder passt einer Ihrer Faktoren für die Insulinberechnung vielleicht nicht?

Besprechen Sie Ihre Analyse mit Ihrem Diabetes-Team. Je mehr Sie sich mit den Ursachen auseinandersetzen und entsprechend gegenlenken, umso besser können Sie zukünftige Unterzuckerungen vorbeugen.

Einige Tipps finden Sie in unseren Checklisten.