Bewegung und Sport

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Expertenchat mit Dr. Ulrike Becker

Am 6. August 2020 findet der Experten-Chat zum Thema "Bewegung und Sport" mit Dr. Ulrike Becker statt. Sie beantwortet Ihre Fragen live am Donnerstag zwischen 18:00 und 20:00 Uhr.

Dr. Ulrike Becker

Dr. Ulrike Becker

Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin DDG,
Ernährungsmedizinerin DGEM

Oberstrasse 10
53859 Niederkassel-Rheidt
Deutschland

Protokoll der Sprechstunde

  • Betreff: lypodistrophie

    Frage

    Guten Tag Dr Becker, Ich schreibe Ihnen in Namen einer Patientin (sozusagen als Übersetzerin) Die Patientin lebt in Argentinien un hat an beiden armen eine Diabetes bedingte Lypodistrophie, Sie hat bislang keine effektive Behandlung erhalten und möchte wissen welche Behandlungen und Cremes dafür in Deutschland genutzt werden. Um eventuell eine Creme aus Deutschland zu kaufen und sich schicken zu lassen oder etwas vergleichbares hier in Argentinien zu suchen. lg Dina Lahoda

    Antwort

    Liebe Frau L.,

    leider ist es nicht möglich eine Lipodystrophie mit einer Creme zu behanden, weil die Creme nur auf die Haut wirkt, die Lipodystrophie allerdings im Unterhautfettgewebe entstanden ist. Einmal entstandene Lipodystrophien bilden sich  in der Regel nicht wieder zurück. Das wichtigste ist, dass man die Stellen, an denen sich diese Veränderungen gebildet haben, nicht mehr für die Insulininjektion verwendet. Man kann in den Bauch oder die Oberschenkel spritzen. Ausserdem ist es wichtig, die Insulinnadeln bei jeder Injektion zu wechseln und möglichst kleine und kurze Nadeln zu verwenden. Es gibt seltenen Erkrankungen, bei denen Lipodystrophien auftreten, obwohl man die Spritzstellen regelmäßig wechselt, das kann ich aber auf de Ferne leider nicht klären.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

  • Betreff: Beschwerden beim laufen

    Frage

    Guten Tag! Ich habe Typ 1 und Hashimoto. Ich laufe seit ca. 1 jahr 3 x die Woche, zwischen 30 und 60 minuten. Anfangs hatte ich nie probleme, in letzter Zeit beginnend am rechter Wade Krampf der immer so für 4 Tage anhielt dann geht es wieder. Dann linkes Bein, mittlerweile auch LWS starke schmerzen. Vom Hausarzt habe ich nur IBUFLAM 600 bekommen ohne erfolg. Beim Diabetologen nur "das muss ich selber rausfinden". Eine Laufstilanalyse brachte keinen Fehler im Laufstil. Auch Kompressionsstrümpfe keine Linderung. Ich nehme Magnesium 1200 mg am Tag. Eine Prise Salz in die Getränke, Retterspitz und Quarkumschläge auch der Tipp Essiggurkenwasser trinken bringt nichts. Was könnte ich noch versuchen? Danke! Grüße Martina

    Antwort

    Liebe Martina,

    sie haben ja schon viel versucht, das ist gar nicht so einfach. Wie lange haben Sie denn schon den Diabetes? Ist es möglich, dass Sie Durchblutungsstörungen im Bein haben? Ich habe schon erlebt, dass das ungewöhnliche Beschwerden verursacht hat, das könnte zum Beispel der Hausarzt oder der Diabetologe untersuchen oder aber ein Gefäßspezialist.

    Typisch wäre da, dass die Beschweden nach einer betimmten Laufstrecke auftreten. Wenn Sie natürlich Schmerzen in der Lendenwirbelsäule haben, kann das auch ein Problem sein, eine Engstelle an der Wirbelsäule kann bei Belastung auf die Nerven drücken und dort Schmerzen verursachen, das könnte ähnliche Beschwerden verursachen, hier wäre ein Orthopäde der richtige Ansprechhpartner. Ausserdem könnten hohe Blutzuckerwerte vor dem Sport durch Elektrolytverschiebungen Krämpfe begünstigen,dann müsste Sie möglicherweise die Dosisanpassungbeim Sport optimieren.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

     

  • Betreff: Blutzuckerspitzen während des Laufens

    Frage

    seit 26 Jahren ist Diabetes mein Begleiter, ich nehme keine Medi. - Laufe Marathon. Nun ist mir aufgefallen, dass ich während des Laufens bzw - zum Ende hin - Zuckerspitzen bis 300 habe. Die Kurve fällt nach der Laufeinheit schnell ab. - Aber was ist das los ?? Ich kann es mir nicht erklären. Danke für Ihre Antwort

    Antwort

    Liebe Frau M.,

    ja das verwirrt einen, obwohl man Sport treibt steigt der Blutzucker an, obwohl er doch eigentlich abfallen müsste. Bei sehr anstrengenden körperlichen Aktivitäten schüttet der Köper Stresshormone aus, die bei einem Menschen mit Diabetes zu einem Blutzuckeranstieg führen können, ausserdem steigt bei längerer Belastung oder hohen Intensitäten der Laktatspiegel an, der ebenfalls zu einem Blutzuckeranstieg führen kann. Zusätzlich spielt natürlich eine Rolle welche Kohlenhydrate Sie in welcher Form vor oder während der Aktivität zu sich genommen haben und wie sonst der Zuckerstoffwechsel läuft, ob möglicherweise ein Insulinmangel vorliegt. Nach Beendigung der Aktivität sinken dann die Stresshormone rasch ab und verstärkt durch den Muskleauffülleffekt kommt es zu einer Normalisierung der Blutzuckerwerte.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

  • Betreff: Bewegung und Sport

    Frage

    Hallo Frau Dr. Becker,

    ich laufe schon einige Jahre und bis vor ein paar Monaten war es immer so, dass der Zucker beim Joggen runter ging. Nun laufe ich mit einem Zucker von 140 los und komme mit 240 zurück. Ich laufe i.d.R. 30 - 40 Minuten. Lediglich wenn ich an 60 Minuten kratze, sinkt der Zucker von alleine. Ich traue mich nicht, vor dem Laufen dagegen anzuspritzen, aus Angst völlig zu Unterzuckern. Ansonsten bin ich gut eingestellt und habe wenig Probleme mit starken Schwankungen. Was passiert da also, wenn ich laufe?

    Es ist mir ein Rätsel!

    LG Daniel

    Antwort

    Lieber Daniel,

    es gibt viele Gründe warum der Blutzucker beim Sport ansteigen kann, wenn die Belastung anstrengend ist, kann es zu einer Ausschüttung von Stresshormonen und einem Laktatanstieg kommen, die den Blutzucker ansteigen lassen. Wenn Sie kurz vor dem Sport essen, kann es sein, dass sich durch eine etwas verzögerte Freisetzung der Kohlenhydrate aus dem Magen der Blutzuckerspiegel ansteigt und erst bei längerer Belastung wieder absinkt. Sollten Sie eine Insulinpumpe haben und die Basalrate vor dem Sport reduzieren, könnte es durchaus sein, dass die Reduktion für den mittelrweile besseren Trainingszustand zu viel ist, dann würde ich die Basalratenreduktion anpassen. Je besser der Trainingzustand ist, umso weniger Blutzuckerabfall hat man während des Sport.

    Ich würde den Blutzucker nicht vor dem Start korrigieren, sondern ggf sanft nach Beendigung der Aktivität, falls er nicht durch den Muskelauffülleffekt selber absinkt.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

     

  • Betreff: Bewegung und Sport

    Frage

    Hallo, trainiere auf einen uA-Triathlon. Meine Ausdauereinheiten versuche ich komplett ohne Zugabe von Ernährung durchzuziehen, nur pures Wasser- uA weil ich 3-4 kg zu viel drauf habe seit Weihnachten – erst recht jetzt nach Corona. Spätestens nach nur einer Stunde Fitnesstraining und 10 km laufen fange ich extremst an nach Ammoniak/Nagellackentferner (???) zu riechen (Atemluft). So beißend! Kontrolliere aus Sportgründen hin und wieder meinen Blutzucker, der scheint mir normal (heute direkt nach dem Training 109mg dl, nach dem Essen 119mg dl). Was kann das sein? Ich fühle mich auch nicht schlapp oder dergleichen. Ist es evtl. etwas krankhaftes? LG Silke Silke

    Antwort

    Liebe Silke,

    mir sind einige Aspekte nicht ganz klar. Was ist ein uA Triathlon? Ein Ultra-Triathlon? Haben Sie einen Diabetes? Wenn ja welche Form? Ernähren Sie sich low car oder sogar ketogen? Wenn Sie wenig Kohlenhydrate zu sich nehmen, kann es besonders beim Sport zur Entstehung von Ketonen kommen, wenn der Körper vermehrt Eiweiss verbrennt, generell ist es für viele Sportler ungünstig zu wenig Kohlenhydrate zu sich zu nehmen, da der Körper leider nicht nur auf die Fettreserven zurückgreift, sondern auch Eiweisse (Muskeleiweiß!) verstoffwechselt. In selten Fälle kann ein Ammmoniakgeruch auch ein Hinweis auf eine Nieren- oder Lebererkrankung sein, das kann der Hausarzt über einen Bluttest feststellen.

    Die von Ihnen berichteten Blutzuckerwerte sind völlig normal.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

  • Betreff: Bewegung und Sport

    Frage

    Ich habe vor, wieder mit Sport anzufangen. Ich habe seit 10 Jahren Diabetes Typ 1 und seitdem auch keinen Sport mehr gemacht. Jetzt bin ich aber 35 und merke, dass mein Stoffwechsel extrem „lahmt“. Muss was gegen die Pfunde tun. Wollte mit Joggen anfangen (Ausdauer ist ja sinnvoll) aber ich weiß einfach nicht wohin mit dem Spritzbesteck. Also wohin mit der Spritze und dem Messgerätschaften. Ich hab eigentlich nicht vor meinen Rucksack mitzunehmen. Haben Sie einen Tipp für einen Sportanfänger? Also - wie viel Essen/Spritzen beim anfangen? - Wo verstaut ihr das ganze Spritzwerkzeug, oder nehmt ihr das gar nicht mit? - Und worauf, außer auf Unterzucker, muss man noch achten? Danke für Ihre Hilfe und viele Grüße Klaudia

    Antwort

    Liebe Frau R.,

    schön dass Sie wieder mit dem Sport anfangen möchten. Fangen wir mal mit dem einfachsten an.

    Also ich würde immer empfehlen das Haus zumindest mit Traubenzucker bzw anderen Sport-BE (gerne flüssig) und einem Blutzuckermesserät zu verlassen. Es gibt sehr praktische Hüftgürtel, die auch stoffwechselgesunde Läufern verwenden um Handy, Schlüssel etc mitzunehmen. Ausserdem gibt es bei den meisten Laufhosen Taschen am Gesäß, wo mindestens ein Kohlenhydratgel reinpasst, ich stecke da immer mein Atshmaspray rein. Für den Anfang brauchen Sie erstmal keinen Pen, es sei denn Sie möchten mehrere Stunden unterwegs sein.

    Wie sollte der Blutzucker sein? Gerade am Anfang kann es sein, dass Sie stark mit dem Blutzucker auf Ausdauerraining reagieren, er also deutlich absinkt. Wie stark er absinkt, hat unter anderem auch damit zu tun, wann Sie das letzte mal Mahlzeiteninsulin gespritzt haben. Also wenn Sie 30 min nach dem Essen starten möchten, laufen Sie in die Hauptwirkung des Insulins hinein und Sie werden einen deutlicheren Blutzuckerabfall beobachten, als wenn Sie zum Beispiel erst 3-4 Std nach der letzten Mahlzeit (Insulingabe) starten. Deswegen würde ich gerade am Anfang empfehlen nicht direkt nach dem Essen loszulaufen.  Wenn Sie das doch tun möchten, sollten Sie die Dosis des Mahlzeiteninsulins um 30-50% reduzieren. Der Ausgangsblutzucker sollte gerade beim Untrainieren >140 mg% liegen, je kürzer die letzte Insulingabe her ist (wirksames Insulin im Körper) um so höher, als Faustregel sind Werte zwischen 140-180 mg% für den Anfang ganz gut. Ob und wie viel Sie während des Sports essen müssen kommt darauf an, wie viel Insulin im Körper wirkt, wie der Ausgangsblutzucker ist, wie anstrengend und lange die Aktivität sein wird und wie der eigenen Trainingszustand ist. Man sagt als Faustregel

    1-3 KE/30 min, aber das ist individuell sehr verschieden.

    Sie sollten bitte nicht mit zu hohen Blutzuckerwerte in das Training starten, bei BZW > 250 mg% sollten Sie Ketone messen, wenn die Ketone niedrig sind (< 0,6 mmol/l) oder Urinteststreife < 2+ kann eine milde oder moderate körperliche Aktivität begonnen werden unter engmaschiger Blutzuckerkontrolle, Vorsicht bei intensiver Aktivität, da hierdurch Blutzucker weiter ansteigen kann. Sind die Ketone mäßig erhöht (< 1,4 mmol/l), dann nur leichte körperliche Aktivität für maximal 30 min, vorsichtige Insulinkorrektur vor dem Start, bei deutlich erhöhten Ketonen (> 1,5 mmol/l), keine körperliche Aktivität und Hyperglykämietherapie, wie mit dem Diabetes-Team besprochen.

    Die AG Diabetes Sport und Bewegung führt Sportwochenenden zur Dosisanpassung beim Sport durch https://www.diabetes-bewegung.de/ , der IDAA verbindet (Breiten- und Spitzen-)Sportler mit Diabetes https://www.idaa.de/  und die Diabetes- und Sportfibel: mit Diabetes weiter laufen von Bernhard Gehr und Ulrike Thurm ist auch sehr hilfreich.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

  • Betreff: Bewegung und Sport

    Frage

    Liebe Frau Dr. Becker, ich bin im letzten Jahr an Diabetes erkrankt und möchte mich auf eine Pumpe umstellen. Nur muss ich sagen, habe ich keine Ahnung, welche Pumpe gut für mich wäre, da ich ein Sportler bin und alles mache was mir unter die Fingernägel kommt. Insbesondere der Wassersport hat es mir angetan (Surfen, Schwimmen, Stand-up-Paddeling) und bin jeden Urlaub weg zum Sport machen, aber ich weiß nicht welche Pumpe da für mich in Frage kommt. Gibt es da besondere Geräte für Wassersportler? Oder muss man dann auf Pumpe verzichten? MfG Ralf

    Antwort

    Lieber Ralf,

    das ist gar icht so leicht zu beantworten. Erstmal auf eine Pumpe verzichten muss niemand, zur Not kann man ja auch die Pumpe für ca 2-4 Std ablegen, das ist ein bisschen abhängig davon, wie empfindlich der Körper bezüglich Insulinmangel ist, welches Insulin man verwendet und welchen Sport man betreibt. Es gibt viele Aspekte, die für das eine oder andere Pumpenmodell sprechen, hier unter anderem, ob es die Möglichkeit gibt ein CGM zu koppeln, oder ob es ein Diabetesteam in der Nähe gibt, die einen mit der Pumpe weiterhelfen können. Ursprünglich für Wassersportler wurde der Omnipod konzipiert, aber mittelrweile sind auch viele andere Pumpen wasserdicht, zum Beispiel die Medtronic 640 und 670 G (solange sie nicht fällt und beschädigt wird). Man sollte auch beachten, ob man einen Neoprenanzug tragen möchte, das kann schwierig werden mit Pumpe oder wie stossgefährdet der Sport ist (das könnte beim Surfen ein Problem sein), da wäre eine Pume mit Kabel, die man abnimmt günstiger, als ein Pod.

    Eine gute Möglichkeit sich mal mit Betroffenen auszutauschen biete der IDAA, hier gibt es zu fast allen Sportarten Betroffene, die auch von Ihren ganz persönlichen Erfahrungen berichten können https://www.idaa.de/ .

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

  • Betreff: Bewegung und Sport

    Frage

    Ich habe mal eine ganz schnelle Frage: Sollte man, wenn man gegessen hat, zur Vermeidung von Blutzuckerspitzen gleich sein Bewegungsprogramm absolvieren oder ist das vollkommen egal, wann man das macht? Danke und viele Grüße Rabia

    Antwort

    Liebe Rabia,

    das kommt darauf an, was man machen möchte und welche Diabetesform man hat. Beim Typ 2 Diabetes ist Bewegung nach der mahlzeit oft eine gute Idee, beim Typ 1 Diabetes könnte das zu Unterzuckerungen führen, weil das Mahlzeiteninsulin durch die Bewegung sehr stark wirkt. Generell führt regelmäßiger Sport zu einer langfristigen Vebesserung der Insulinwirkung unabhängig davon zu welcher Tageszeit man ihn betreibt.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker

  • Betreff: Bewegung und Sport

    Frage

    Guten Tag, ich bin Typ1-Diabetiker und oft im Fitness Studio. Da ich gerne Muskelaufbau betreiben möchte, nun meine Frage: Was habe ich als Diabetiker bei Eiweßprodukten und ggf. Glutamin zu beachten? Natürlich würde ich den Muskelaufbau gerne damit unterstützen. Danke und Grüße Osman

    Antwort

    Lieber Osman,

    auch wenn man viel Sport treibt, reicht in der Regel eine eiweissreiche Ernährung für einen optimalen Muskelaufbau aus. Es empfiehlt sich zum Beispiel Milchproteine direkt nach dem Krafttraining zu nehmen, ausserdem ist eine optimle Blutzuckerkontrolle erforderlich, da ein Insulinmagel und erhöhe Blutzuckerwerte zu einem Muskelabbau führen können. Ansonsten ist es wichtig, ob die Nierenfunktion gut ist und man keine vermehrte Eiweissausscheidung (Albuminurie) im Urin hat. Das sollte der Diabetologe/die Diabetologin mindestens jährlich überprüfen.

    Wenn da alles bestens ist, könne Sie sicherlich auch mal zu einem Eiweißshake greifen.

    Viele Grüße

    Ulrike Becker