Die Hyperbare Sauerstofftherapie ist beim Diabetischen Fußsyndrom (DFS) nicht zu empfehlen

Stellungnahme der AG Fuß der DDG

Die HBO sollte beim diabetischen Fuß nicht angewendet werden, da positive Effekte fraglich sind.

Eine oft diskutierte Option für die Therapie von Fußulzera bei Menschen mit Diabetes ist die sogenannte hyperbare Sauerstofftherapie (HBO). Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) schreibt dazu in seinem Abschlussbericht: „Für die anderen relevanten Endpunkte Mortalität, Amputation (Minor- und Majoramputation), unerwünschte Wirkung der Therapie, gesundheitsbezogene Lebensqualität und Krankenhausaufenthaltsdauer ergibt sich kein Anhaltspunkt für ein Nutzen oder Schaden der zusätzlichen HBO beim DFS im Vergleich zu anderen Behandlungsoptionen“ (1). Dieser Bewertung zugrunde liegen aber ältere Studien, die in den 1990er Jahre publiziert wurden; deren Qualität wurde aber bereits einem Cochrane-Review von 2015 kritisch hinterfragt (2).

Eine einzige doppelblind-randomisierte Studie von Löndahl et al. von 2010 zeigt im Vergleich zur Raumluft einen Effekt auf die Abheilung (3). Weit mehr Studien zeigen allerdings ein gegenteiliges Ergebnis. So ergab eine Kohortenstudie aus dem Jahr 2013 (Margolis et al.), dass Patienten mit DFS, die eine HBO erhielten, ein 1,5- bis 3,0-fach höheres Amputationsrisiko aufwiesen und das Ulzeration sogar 1,2- bis 3,0-fach seltener abheilten (4). Bestätigt werden konnten diese Ergebnisse von der Arbeitsgruppe von Fedorko aus dem Jahr 2016 (5). Aktuell wurde die DAMO2CLES-Studie publiziert, welche bisher die größte randomisierte zur HBO darstellt und die ebenfalls keinen positiven Effekt der HBO fand (6). Ganz im Gegenteil zeigte diese Studie, dass gerade beim ischämisch-diabetischen Fußsyndrom die adjuvante HBO keinen Nutzen bringt. Das National Institut for Health and Care Excellence (NICE) betont ausdrücklich in seiner aktuellen Leitlinie, dass die HBO außerhalb von Studien nicht empfohlen werden soll (7).

Umso erstaunlicher ist, dass der GBA – der selbst feststellt, dass es nur eine unzureichende Evidenz gibt (!) – dennoch dieses Verfahren bereits ab dem Stadium Wagner-2 zulassen wird. Die Arbeitsgemeinschaft Fuß der DDG sieht eine nicht ausreichende Evidenz aufgrund der Studienlage und empfiehlt trotz des G-BA-Beschlusses eine zurückhaltende Indikationsstellung, da die Studien sogar im Gegenteil Hinweis auf schädliche Effekte aufgezeigt haben. Nicht zuletzt unterstreicht die aktuelle Standard of Care Empfehlung der Amarican Diabetes Association (8) nochmals, dass die Studienlage keinesfalls die Empfehlung des Einsatzes der HBO unterstützen kann. Die eindeutige negative Haltung der AG Fuß erklärt sich dadurch, dass gerade bei den Patientengruppen, bei denen die hyperbare Sauerstofftherapie aufgrund ihres Therapieprinzips indiziert wäre – der gefäßmedizinisch austherapierte Patient mit diabetischem Fußsyndrom – die aktuelle Studienlage gerade keinen Vorteil zeigt (6).

Alle nationalen und internationalen Leitlinien sehen eindeutig vor, dass bei einer Gefäßbeteiligung diese Minderdurchblutung wieder zu korrigieren ist. Dies ist idealerweise mittels minimal-invasiver Verfahren (PTA) oder gefäßchirurgisch zu bewerkstelligen. Good clinical practice beim diabetischen Fußsyndrom bedeutet stets das Beschreiten interdisziplinärer und multiprofessioneller Behandlungspfade. Diese beinhalten mindestens die abgestimmte Kombination von Wunddebridements, Infektbehandlung, stadiengerechtem Wundmanagement, zielführender Druckentlastung sowie arteriell revaskularisierender und chirurgischer Maßnahmen.

Es bleibt zu hoffen, dass angesichts der nicht begründbaren Kosten des Verfahrens und einer negativen Studienlage der G-BA schnellstmöglich seine Position revidiert.

Literatur
1. IQWiG-Berichte — Nr. 382: Hyperbare Sauerstofftherapie bei diabetischem Fußsyndrom. Abschlussbericht. Auftrag: N15-02, Version: 1.1, Stand: 20.04.2016. https://www.iqwig.de/de/projekte-ergebnisse/projekte/nichtmedkamentoese… (Zugriff: 27.04.2018)
2. Kranke P, Bennett MH, Martyn-St James M, Schnabel A, Debus SE, Weibel S: Hyperbaric oxygen therapy for chronic wounds. Cochrane Database Syst Rev 2015; 6: CD004123
3. Löndahl M, Katzman P, Nilsson A, Hammarlund C: Hyperbaric oxygen therapy facilitates healing of chronic foot ulcers in patients with diabetes. Diabetes Care 2010; 33: 998-1003
4. Margolis DJ, Gupta J, Hoffstad 0, Papdopoulos M, Glick HA, Thom SR, Mitra N: Lack of effectiveness of hyperbaric oxygen therapy for the treatment of diabetic Foot ulcer and the prevention of amputation: a cohort study. Diabetes Care 2013; 36: 1961-1966
5. Fedorko L, Bowen JM, Jones W, Oreopoulos G, Goeree R, Hopkins RB, O'Reilly DJ: Hyperbaric oxygen therapy does not reduce indications for amputation in patients with diabetes with nonhealing ulcers of the lower limb: a prospective, double-blind, randomized controlled clinical trial. Diabetes Care 2016; 39: 392-399
6. Santema KTB, Stoekenbroek RM, Koelemay MJW, Reekers JA, van Dortmont LMC, Oomen A, Smeets L, Wever JJ, Legemate DA„ Ubbink DT; DAMO,CLES Study Group: Hyperbaric oxygen therapy in the treatment of ischemic lower-extremity ulcers in patients with diabetes: results of the DAMO2CLES multicenter randomized clinical trial. Diabetes Care 2018; 41: 112-119
7. National Institute for Health and Care Excellence: Diabetic foot problems: prevention and management. NICE guideline [NG19]. NICE, London, 2016. Published date: August 2015. Last updated: January 2016. http://www.nice.org.uk/ guidanceing19 (Zugriff: 27.04.2018)
8. Microvascular Complications and Foot Care: Standards of Medical Care in Diabetes—2018American Diabetes AssociationDiabetes Care 2018 Jan; 41(Supplement 1): S105-S118