Was ist Prädiabetes?
Prädiabetes ist eine heterogene Stoffwechselstörung und gilt als Vorstufe von Typ-2-Diabetes. Die Störung zeichnet sich durch leicht erhöhte Zuckerwerte im Vergleich zu Stoffwechselgesunden aus – wobei die Kriterien für einen Typ-2-Diabetes noch nicht erreicht sind. Beim Prädiabetes liegt eine abnorme Nüchternglukose und/oder eine gestörte Glukosetoleranz vor. Das bedeutet, dass bestimmte Blutzuckerwerte auffällig sind.
Konkret kann bei folgenden im Labor gemessenen Werten von einem Prädiabetes ausgegangen werden:
- Nüchternblutzuckerwert von 100 bis 125 mg/dl bzw. 5,6 bis 6,9 mmol/l (mit Teststreifen gemessene Werte sind für die Diagnosestellung nicht geeignet und nicht zulässig)
- HbA1c von 5,7 bis 6,4 %
oder bei einem oralen Glukosetoleranztest (Zuckerbelastungstest = oGTT):
- oGTT-2-Stunden-Blutzuckerwert von 140 bis 199 mg/dl bzw. 7,8 bis 11,0 mmol/l (mit Teststreifen gemessene Werte sind für die Diagnosestellung nicht geeignet und nicht zulässig)
Etwa jeder fünfte Erwachsene ist in Deutschland betroffen. Ein Prädiabetes kann schon Jahre vor einer Diabetes-Diagnose bestehen.
Alles halb so wild, ein leicht erhöhter Blutzuckerspiegel tut doch nicht weh? Von wegen: Beim Prädiabetes handelt sich um ein ernstzunehmendes Warnsignal des Körpers. Denn wird nichts gegen die oft nicht bemerkbaren Symptome unternommen, können ein Typ-2-Diabetes sowie gesundheitliche Komplikationen entstehen. Pro Jahr entwickeln laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) 5-10 % der Menschen mit Prädiabetes einen Typ-2-Diabetes. Und auch die nur leicht erhöhten Blutzuckerwerte schaden dem Körper demnach bereits und können Schäden an den Gefäßen, dem Herz, den Nieren und den Nerven verursachen. Durch diese Gefäßschäden ist bei Prädiabetes bereits die Sterblichkeit erhöht.
Wie entsteht Prädiabetes?
Prädiabetes entsteht im Laufe von vielen Jahren schleichend und schrittweise, wobei einige Faktoren das Risiko dafür erhöhen. Nicht beeinflussbar sind hierbei genetische Faktoren, beeinflussbar sind jedoch individuelle Umweltbedingungen. Am gravierendsten wirkt sich ein ungünstiger Lebensstil auf die mögliche Entwicklung von Prädiabetes aus, also eine ungesunde Ernährung, zu wenig Bewegung sowie Rauchen. Auch eine familiäre Vorbelastung durch Typ-2-Diabetes und Faktoren wie Übergewicht, Bluthochdruck und erhöhte Blutfettwerte können eine Rolle spielen – genauso wie generell ein höheres Lebensalter und bei Frauen ein früherer Schwangerschaftsdiabetes.
Welche Subtypen von Prädiabetes gibt es?
In der Forschung wird die Einteilung in sechs Subtypen des Prädiabetes diskutiert, um Personen zu identifizieren, die ein besonders hohes Risiko für einen schweren Verlauf oder bestimmte Folgeerkrankungen haben (mehr Details zu diesen Subtypen finden Sie hier.
Ein Vorteil dieser Einteilung in sogenannte Cluster ist, dass diese jeweils individuell behandeln werden können – gegebenenfalls auch mit Medikamenten: Während die Cluster 1, 2 und 4 ein niedriges Risiko für Typ-2-Diabetes aufweisen, liegt bei Personen aus den Clustern 3 (gestörte Insulinproduktion, häufig erbliche Vorbelastung), 5 (Insulinresistenz, hoher Leberfettanteil) und 6 (hoher Bauchfettanteil) eine hohe Wahrscheinlichkeit für Typ-2-Diabetes beziehungsweise für Komplikationen vor.
Wie wird Prädiabetes behandelt?
Um die erhöhten Blutzuckerwerte wieder loszuwerden, sollte man in erster Linie langfristig seine Lebensweise gesünder gestalten. Ein wichtiges Therapieziel ist hierbei eine moderate Körpergewichtsabnahme, denn so wird der Körper u.a. wieder insulinempfindlicher. Auf dem Weg dorthin helfen eine dauerhafte Ernährungsumstellung sowie Strategien, um mehr Bewegung in sein Leben zu integrieren. Vom (aktiven und passiven) Rauchen sollte man sich zudem verabschieden.
Konkret: Mit Blick auf die Ernährung sollten starke Blutzuckeranstiege vermieden werden – und damit Lebensmittel, die den Blutzucker besonders schnell ansteigen lassen. Regelmäßige Spaziergänge und sportliche Aktivität – laut Weltgesundheitsorganisation WHO mindestens 150 Minuten pro Woche – senken dagegen nicht nur kurzfristig den Blutzucker, sondern machen die Körperzellen langfristig sensibler für Insulin. Damit wird auch die Körpergewichtsabnahme erleichtert. Dies hilft zusätzlich, den Blutdruck und die Blutfette zu senken.
Medikamente gegen hohe Blutzuckerwerte kommen in der Regel erst zum Einsatz, wenn Typ-2-Diabetes festgestellt wurde. Prädiabetes ist derzeit nach dem Sozialgesetzbuch nicht als eigenständige Krankheit, sondern als Risikofaktor definiert, daher sind Medikamente in den meisten Fällen bei Prädiabetes alleine nicht erstattungsfähig. Da einige Personen mit Prädiabetes je nach Subtyp ein höheres Risiko für Begleit- oder Folgeerkrankungen haben, verschreiben die behandelnden Mediziner*innen manchmal bereits bei leicht erhöhten Blutzuckerwerten und anderen Risikofaktoren Medikamente, um etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern.
Was sollte das Ziel der Therapie sein?
Laut Studien muss ein Prädiabetes nicht zwingend zu Typ-2-Diabetes führen, sondern er kann sich auch zurückentwickeln. Durch eine gesündere Lebensweise können sich Blutzuckerwerte in wenigen Monaten wieder normalisieren. Ein verbesserter Zuckerstoffwechsel bedeutet wiederum ein geringeres Risiko für Folgeerkrankungen. Konkret kann laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) und DDG das Risiko für den Ausbruch eines Diabetes mellitus mit einer Lebensstiländerung um 40-70 % gesenkt werden, wenn der Prädiabetes rechtzeitig erkannt wurde.
Bin ich gefährdet?
Sprechen Sie Ihr behandelndes Ärzteteam an, wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie von Prädiabetes betroffen sind. Sie können zudem Ihr individuelles Risiko, in den nächsten zehn Jahren an Typ-2-Diabetes zu erkranken, anhand des Deutschen Diabetes-Risiko-Test ermitteln.
Text: Susanne Löw